Am 28. November 2024 fand am Geneva Graduate Institute (IHEID) eine bemerkenswerte Konferenz mit dem Titel "Zionism: History, Ideology, and Its Manifestations" statt, organisiert von engagierten Masterstudierenden der MENA-Initiative. Die Veranstaltung zog rund 500 Teilnehmer an und endete mit stehenden Ovationen – ein klares Zeichen für die Relevanz und den Mut, ein solch kontroverses Thema anzugehen.
Von Marianne Kürsteiner
Panel I: Die Macht des Paradigmas Zionismus
Das erste Panel, moderiert von einer Masterstudentin, widmete sich der Diskussion über die ideologische Macht des Zionismus. Zu den Referenten gehörten Hagar Kotef, Professorin an der SOAS
University of London, Dr. Raouf Salti, ein palästinensischer Urologe, und Josef Daher, Professor an der Universität Lausanne.
Dr. Salti, der schwer verletzte Kinder aus Gaza in die Schweiz holt, um sie zu operieren, schilderte eindrücklich die Herausforderungen, mit denen er konfrontiert ist. Die Schweizer Behörden
machen es ihm kaum leicht: Für jedes Kind muss ein medizinisches Visum beantragt werden – ein Prozess, der oft Wochen dauert. In dieser Zeit werden viele der Kinder erneut Opfer von
Bombardierungen, bevor Hilfe geleistet werden kann.
Josef Daher betonte, dass die westliche Unterstützung des zionistischen Projekts unsere eigenen Freiheiten einschränkt. Dies sei Ausdruck einer politischen Agenda, die autoritäre Tendenzen und
Gewalt gegen „Andere“ im Westen spiegelt.
Panel II: Die Geschichte des Zionismus
Im zweiten Panel wurde ein Film gezeigt, der die historischen Hintergründe des Zionismus beleuchtete. Drei Historiker diskutierten im Anschluss die Entwicklung dieser Bewegung und ihre Konsequenzen. Die historische Einordnung bot den Teilnehmern wertvolle Einsichten und half, die ideologischen und politischen Ursprünge besser zu verstehen.
Panel III: Die Zukunft des Zionismus
Der Höhepunkt der Konferenz war zweifellos die Rede von Ilan Pappé, Direktor des European Centre for Palestine Studies an der Universität Exeter. Gemeinsam mit Nur Masalha, Professor an der SOAS,
und Francesca Albanese, UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten, diskutierte er die Zukunft des Zionismus. Albanese war per Videokonferenz
zugeschaltet.
Die Diskussion kreiste um zentrale Fragen: Wie soll es weitergehen? Ist eine Revolution der richtige Weg? Oder liegt die Lösung im internationalen Recht? Die Perspektiven der Referenten regten zu
intensiven Debatten an, die auch nach der Konferenz sicher fortgesetzt werden.
Ein mutiges Team und ein Blick in die Zukunft
Zum Abschluss traten die Studierenden, die diese Konferenz auf die Beine gestellt hatten, auf die Bühne und erhielten stehende Ovationen für ihren Mut und Einsatz. Es wurde klar, dass ihre Arbeit
nicht nur eine Plattform für kontroverse Diskussionen geschaffen hat, sondern auch Hoffnung und Inspiration für die Zukunft bietet.
Das Team der MENA-Initiative plant bereits weitere Veranstaltungen. Als nächstes steht eine Paneldiskussion mit Médecins Sans Frontières zum Thema Sudan auf dem Programm. Angesichts ihres
bisherigen Engagements darf man gespannt sein, wie sie auch zukünftig den Diskurs bereichern werden.
Diese Konferenz hat gezeigt, wie wichtig es ist, schwierige Themen anzugehen und offene, kritische Diskussionen zu fördern – ein dringend notwendiger Beitrag in einer zunehmend polarisierten
Welt.
Bücher der Referenten: Vertiefte Einblicke in das Thema
Einige der Referenten haben bedeutende Werke veröffentlicht, die einen tieferen Einblick in die besprochenen Themen bieten:
1. Ilan Pappé: The Ethnic Cleansing of Palestine (2006)
Eine wegweisende Analyse der systematischen Vertreibung der Palästinenser während der Gründung Israels.
2. Ilan Pappé: Lobbying for Zionism on Both Sides of the Atlantic (2023)
Ein Einblick in die transatlantische Lobbyarbeit für den Zionismus und deren politische Auswirkungen.
3. Nur Masalha: Expulsion of the Palestinians: The Concept of "Transfer" in Zionist Political Thought (1992)
Eine Untersuchung der ideologischen Wurzeln und politischen Strategien des Transfers von Palästinensern.
4. Nur Masalha: Palestine: A Four Thousand Year History (2018)
Ein umfassender historischer Überblick über Palästina, der die Vielfalt der Region über Jahrtausende aufzeigt.
5. Hagar Kotef: The Colonizing Self: Or, Home and Homelessness in Israel/Palestine (2015)
Eine kritische Reflexion über Identität, Kolonialismus und das Spannungsfeld von Heimat und Entfremdung.
6. Josef Daher: Palestine and Marxism (2020)
Eine marxistische Analyse der palästinensischen Frage, die Klassen- und Kolonialdynamiken beleuchtet.
7. Riccardo (Co-Autor): The Palestinian Federation: An Alternative Way to Peace (2023)
Eine Vision eines
föderalen Modells als gerechte und nachhaltige Lösung für den Nahostkonflikt.
Diese Bücher bieten nicht nur eine Vertiefung der Konferenzthemen, sondern auch eine fundierte Grundlage für weiterführende Diskussionen.